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Althochdeutsches Wörterbuch Bibliographische AngabenLogo SAW
Band 1, Lfg. 20 (1967)
Band 2, Lfg. 1 (1969)
Band 2, Lfg. 11 (1996)
Band 3, Lfg. 1 (1970)
Band 3, Lfg. 18 (1983)
Band 4, Lfg.1 (1986)
Band 4, Lfg. 24 (2001)
Band 5, Lfg. 1 (2001)
Band 5, Lfg. 11 (2007)
Band 5, Lfg. 18 (2009)
Band 6, Lfg. 1 (2009)
Band 6, Lfg. 18 (2015)
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Vorwort

Die mit Beginn der Arbeiten für das Althochdeutsche Wörterbuch von Theodor Frings und Elisabeth Karg-Gasterstädt vorgegebene Konzeption wurde auch für den dritten Band weitgehend beibehalten. Es wurden aber während der Arbeit an ihm Änderungen ins Auge gefaßt, teilweise erprobt und für den vierten Band als Abwandlung der alten Konzeption vorgesehen. Das betrifft vor allem den Entschluß zu kürzen. Er entsprang äußerer Notwendigkeit wie eigener Überlegung und Erfahrung. Eine Beschleunigung der Arbeiten für das Althochdeutsche Wörterbuch durch personelle Erweiterung zu erreichen, ist nicht möglich. Die zunehmende Arbeitserfahrung der Mitarbeiter bewirkte jedoch eine Intensivierung der Arbeiten: In den letzten Jahren konnte ausgearbeitetes Material regelmäßig für zwei Lieferungen bereitgestellt werden. Es gibt aber die Möglichkeit, durch Kürzung von Artikeln auf gleichem Raum mehr Artikel unterzubringen, damit im Alphabet rascher voranzukommen und einen Band mit weniger Lieferungen abzuschließen. Auf Kürzungen, die von den Mitarbeitern vereinzelt schon früher, vor allem aber dann in den letzten Lieferungen des dritten Bandes erprobt worden sind, ist schon im Vorwort zum dritten Band hingewiesen worden. Sie haben sich als praktikabel erwiesen und sollen nunmehr im vierten Band generell eingeführt werden, soweit es die Materiallage erlaubt, denn solche Kürzungen dürfen nicht Selbstzweck werden. Ein Verlust an wesentlicher Substanz muß vermieden werden. Auch ist zu bedenken, daß ca. 80% der althochdeutschen Wörter weniger als zehn Belege aufweisen und damit für eine Kürzung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen können. Aber auch Wörter mit mehr (u. U. erheblich mehr) als zehn Belegen können für eine Kürzung ausscheiden, wenn sie durch ein Übergewicht an Glossenbelegen geprägt werden.

Im Formenteil der Artikel werden weiterhin alle Belege in ihren Schreibungen dargestellt. Nur bei außergewöhnlich hoher Belegzahl kann die Aufführung jeder einzelnen Stelle durch Zusammenfassungen ersetzt werden (vgl. Artikel fon ( a), Ahd. Wb. 3,1069 ff.). Die Belegstellen sind hier aus dem Bedeutungsteil ersichtlich. Wir vermeiden dadurch eine zweimalige Aufführung von Zahlenreihen.

Die Kürzungen betreffen also die Bedeutungsteile der Artikel und in ihnen die Belege aus den althochdeutschen Texten. Dabei werden nach wie vor die Bedeutungen und Verwendungen eines Wortes vollständig verzeichnet, lediglich eine zu weitgehende Untergliederung soll vermieden werden. Je nach Aussagewert der Belege wird aber oft darauf verzichtet, alle Belegstellen ausführlich darzustellen. Wir halten eine repräsentative Auswahl an ausgeschriebenen Belegen für ausreichend, wobei nach Möglichkeit die zeitliche wie die geographische Verteilung berücksichtigt werden sollen. Der Rest der Belege wird mit Angabe des lateinischen Lemmas numerisch aufgeführt. Diese numerischen Belege werden, soweit dies ergiebig ist, den im Artikel dargestellten Bedeutungen und Verwendungsweisen zugeordnet. Nur bei Unergiebigkeit werden sie in größeren Blöcken unter einem Bedeutungsabschnitt oder gelegentlich sogar am Ende des gesamten Artikels zusammengefaßt verzeichnet. Kürzungen dieser oder ähnlicher Art sind vereinzelt auch früher schon vorgenommen worden (vgl. beide, Ahd. Wb. 1,839 ff.). In den letzten Jahren wurden sie im dritten Band in höherem

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Maße erprobt. Kürzungen bieten sich z. B. an

a) bei materialreichen Wörtern mit geringer Untergliederung. So wurden etwa bei fater 350 von rd. 500 Textbelegen nur numerisch angeführt, bei erda 330 von rd. 800 Textbelegen;

b) bei Wörtern mittleren Belegumfangs, wenn sich in ihnen größere Gruppen bilden, z. B. bei eckorôdo adv. (70 von 180 Textbelegen nur numerisch);

c) bei Wörtern mit nur wenigen Textbelegen, die gering oder gar nicht differenziert sind, z. B. frisking (13 von 21 Textbelegen nur numerisch), fuorôn (7 von 10 Textbelegen nur numerisch).

Besonders in a und b werden wohl nur wenige Benutzer auf das Gesamt der Belege angewiesen sein. Da die numerischen Belege aber mit ihrem lateinischen Lemma genannt und in der Regel den einzelnen Bedeutungsabschnitten zugeordnet werden, ist der Benutzer in die Lage gesetzt, sich die Belege für seine Zwecke nach Bedarf zu ergänzen.

Bei den Glossen verfahren wir im wesentlichen wie bisher: Bei Glossen zu lateinischen Texten geben wir den Kontext an, soweit er für das Verständnis der Glossierung nötig ist. Es muß jedoch bedacht werden, daß ein Wörterbuch sich darin beschränken muß und nicht wie Monographien umfängliche Textpartien angeben kann. Im übrigen sind unsere Angaben zu den Glossen differenzierter geworden. Wir verwenden zur Darstellung Termini, die im Folgenden kurz erläutert werden sollen1: Wir unterscheiden„ Kontextglossen“, das sind Glossen, die ein lateinisches Lemma ü bersetzen, das in einem Kontextgefüge steht und von diesem seine Bedeutung zugewiesen bekommt, von „ Vokabelglossen“, das sind Glossen, die ein einzelstehendes lateinisches Wort übersetzen. Wir wissen aber, daß auch ein einzelstehendes Lemma in einer Umgebung stehen kann (z. B. in sachlich geordneten Glossaren), die Kontextfunktion in einem weiteren Sinne besitzen kann und Merkmale für die Bedeutungsbestimmung liefert. Der klaren Abgrenzung wegen ziehen wir es aber vor, von „Kontextglossen“ nur bei Glossen zu zusammenhängenden lateinischen Texten zu sprechen. Innerhalbder Kontextglossen sprechen wir von „ Kontextübersetzung“, wenn der Glossator der Bedeutung des lateinischen Lemmas im Text mit seiner Wortwahl gerecht wird, von „ Vokabelübersetzung“ (Vok.-Übers.), wenn der Glossator die Bedeutung des lateinischen Lemmas im Text mit seiner Wortwahl nicht trifft, sondern das Lemma isoliert als bloße Vokabel in einer assoziierten anderen Bedeutung übersetzt. Die Unterscheidung zwischen Kontextübersetzung und Vokabelübersetzung hat sich als fruchtbar erwiesen. Sie bewahrt u. a. vor Fehlbeurteilungen z. B. bei Mehrfachglossierungen (vorwiegend Doppelglossen) und bei abweichenden Glossierungen in Parallelhandschriften (z. B. in den Handschriften der Monseer Glossenfamilie). Dabei wird die Bewertung als „Kontextübersetzung“ in der Regel nur neben der Bewertung als „Vokabelübersetzung“ angegeben. Wo nur Kontextübersetzung vorliegt, wird auf besondere Kennzeichnung verzichtet. Diese Bewertungen sind heute in Glossen-

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arbeiten, soweit sie die Übersetzungstechnik einbeziehen, gebräuchlich. Sie sind jedoch nicht immer einfach zu treffen. Daher werden sie von uns zuweilen durch Angaben wie „wohl“, „wahrscheinlich“, „Vok.-Übers.?“ und ähnliche eingeschränkt, und in nicht wenigen Fällen werden wir gar nichts sagen können, weil die Beurteilung einer Glosse mit ihren Parallelglossierungen oft erst nach minutiöser und damit zeitraubender Vorarbeit möglich ist. Solche Glossen ohne Zusatzangaben fallen optisch mit den vielen Glossen zusammen, zu denen wir nichts zu sagen brauchen, weil sie durchsichtig sind. Aus dem Fehlen von Zusatzangaben sollte daher nicht vorschnell der Schluß gezogen werden, alle diese Glossen seien problemlos, denn oft war es lediglich zum Zeitpunkt der Bearbeitung dieses Artikels nicht möglich, Genaueres über sie auszusagen.

Bei den Vokabelglossen wurde schon in den Lieferungen des dritten Bandes das Prinzip, die Glossen möglichst so darzustellen, daß das Bild in Steinmeyers Glossenbänden oder in anderen Ausgaben rekonstruiert werden kann, in seiner strikten Handhabung aufgegeben. Ähnliches gilt für die Vokabelglossen mit gleichem Lemma. Hier werden Kasusunterschiede bei den lateinischen Lemmata in der Regel nicht mehr berücksichtigt. Dadurch werden Zusammenfassungen möglich. Für die althochdeutschen Wörter ist der Kasus aus dem Formenteil der Artikel ersichtlich.

Zuweilen können sich in Vokabelglossen oder auch im Fall von Vok.-Übers. lateinisches Lemma und althochdeutsches Übersetzungswort in ihren Bedeutungen stark ü berlappen (etwa lat. constans — ahd. stâti), ohne daß sich beim Fehlen zuverlässiger Kriterien entscheiden läßt, welche Bedeutung des lateinischen Lemmas der Glossator im Sinne hatte. Diese Belege können nicht oder nur bis zu einem gewissen Grade in die Gliederung des Artikels eingefügt werden. Sie erscheinen daher am Ende der Gliederung oder eines Gliederungsabschnittes in der Kennzeichnung als „Glossenwort“. Diese besagt, daß wir nicht mehr feststellen können, als daß dieses althochdeutsche Wort jenes lateinische Wort wiedergibt (vgl. z. B. beldî ( n) 11, Ahd. Wb. 1,866). Das gibt uns die Möglichkeit, solche Belege im Artikel unterzubringen, uns dabei vor spekulativen Bedeutungsansätzen zu bewahren und späterer Deutung Raum zu lassen.

Im übrigen ist für den vierten Band zu vermerken: Jüngere Untersuchungen von Glossenhandschriften haben z. T. neue Datierungen ergeben. Wir legen diese künftig ohne weitere Angabe zugrunde. Dagegen werden die Signaturen Steinmeyers für die Glossenhandschriften beibehalten. Beim Summarium Heinrici (SH) zitieren wir weiterhin nach der Ausgabe von Steinmeyer/Sievers in den Glossenbänden (Gl 3,58 bis 350, Gl 5,33—38), da diese dem Benutzer leichter zugänglich sein dürften als R. Hildebrandts zweibändige Ausgabe (Hbr. I. II.). Diese wird nur zitiert für die in Steinmeyers Ausgabe fehlenden Belege der Handschriften U und V, ferner für die von Hildebrandt Band II,558—568 vermerkten Korrekturen und nachgetragenen Einzelglossen zu den schon von Steinmeyer edierten Handschriften. Die lateinischen Kontexte des Summarium Heinrici in der Ausgabe von Hildebrandt werden nur herangezogen, wenn sie für die Bedeutung des althochdeutschen Wortes ergiebig sind. Bei den Glossennachträgen werden zur besseren Identifizierung die lateinischen Texte nach den dort verwendeten Ausgaben (meistens PL) zitiert, während für die Glossen aus den Glossenbänden von Steinmeyer/Sievers die bisherige Zitierweise beibehalten wird. Auf Verweise bei Eigennamen auf einen Ergänzungsband wird verzichtet. Bei Notker zitieren wir im vierten Band weiterhin nach der Ausgabe von Piper. Für Ni und Nk geben wir in [] die Stellen nach der neuen Ausgabe von King bei, für Nb und Nc in [] vorläufig noch nach der Ausgabe von Sehrt/Starck. Für die Interpretation der Texte in Ni, Nk, Np wird der Notker Latinus von King und Tax herangezogen. Die Zitierung der Handschriftenfragmente von Np über Piper, Band 2,

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S. V—XLVIII hinaus erfolgt vom Buchstaben H an nur nach dem Paralleldruck der Fragmente in den Beilagen der Ausgabe von Tax, Band 8 und Band 10. Für Pw und die Glossae Lipsii benutzen wir vom Buchstaben H ab die Ausgabe von Arend Quak, ziehen aber für grammatische Einzelfragen weiterhin die Ausgaben von van Helten und de Grauwe heran.

Leipzig, Oktober 1984 Rudolf Große

1) Vgl. Heinrich Götz, Kontextübersetzung und Vokabelübersetzung in althochdeutschen Glossen. Beitr. (Halle) 82, Sonderband (1961), S. 139—152.

Ders., Zur Bedeutungsanalyse und Darstellung althochdeutscher Glossen. In: R. Große, S. Blum, H. Götz, Beiträge zur Bedeutungserschließung im althochdeutschen Wortschatz. Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-historische Klasse Band 118 (1977), S. 53—208.