Wörterbuchnetz
Althochdeutsches Wörterbuch Bibliographische AngabenLogo SAW
Band 1, Lfg. 20 (1967)
Band 2, Lfg. 1 (1969)
Band 2, Lfg. 11 (1996)
Band 3, Lfg. 1 (1970)
Band 3, Lfg. 18 (1983)
Band 4, Lfg.1 (1986)
Band 4, Lfg. 24 (2001)
Band 5, Lfg. 1 (2001)
Band 5, Lfg. 11 (2007)
Band 5, Lfg. 18 (2009)
Band 6, Lfg. 1 (2009)
Band 6, Lfg. 18 (2015)
[Seite I]

Vorwort

Mit dem Abschluß des IV. Bandes hat Rudolf Große nach jahrzehntelangem verdienstvollen Einsatz für das Wörterbuch die wissenschaftliche Leitung des Vorhabens an den Unterzeichneten weitergereicht. Seinem schon länger und immer wieder drängend geäußerten Wunsch, von der geliebten, aber ebenso aufwendigen wie aufreibenden Verpflichtung aus Altersgründen endlich entbunden zu werden, konnten sich Klasse und Präsidium der Akademie nicht länger verschließen, und so sei denn die Zäsur zwischen zwei Bänden auch ein organisatorischer Einschnitt in personeller Hinsicht. Das bedingt an erster Stelle, der gern und mit besonderer persönlicher Herzlichkeit abzustattenden Dankespflicht für ein großes wissenschaftliches, mit allem Einsatz vollbrachtes Werk von bleibendem kulturgeschichtlichen Wert auch an dieser Stelle Genüge zu leisten. Das Wirken Rudolf Großes für das Althochdeutsche Wörterbuch ordnet sich würdig ein in die Reihe der großen Namen, die mit seinem Werden und Wachsen verbunden sind, von Elias von Steinmeyer über Elisabeth Karg-Gasterstädt bis Theodor Frings. Es hat zu seinem Teil wesentlich zur Begründung des Ansehens der Akademie in der wissenschaftlichen Welt beigetragen. Dieses Erbe wird uns, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie dem neuen Herausgeber, in jeder Beziehung bleibende Verpflichtung bedeuten.

Dieser Verpflichtung gerecht zu werden wird, abgesehen von allen subjektiven Momenten des personellen Wechsels, auch objektiv alles andere als leicht sein. Die jüngsten Entwicklungen in der deutschen Wissenschaftslandschaft sind derzeit den geisteswissenschaftlichen Langzeitvorhaben der deutschen Wissenschaftsakademien von der Art dieses Wörterbuchs in der Öffentlichkeit — insbesondere finanzieller Zwänge wegen — wenig günstig. Das gilt zwar in den Formen harscher bis reißerischer Kritik insbesondere für einen gewöhnlich kurzlebigen, sachlich weithin oberflächlichen Wissenschaftsjournalismus. Doch auch sehr ernstzunehmende, wissenschaftspolitisch gewichtige Stimmen stellen die bisherige Praxis des Akademienprogramms in durchaus grundsätzlicher Weise auf den Prüfstand. Angesichts dieses rauhen Klimas wird es nicht genügen, mehr oder weniger achselzuckend darauf zu verweisen, daß das Wörterbuch sich in der Geschichte seiner Erarbeitung nicht das erste Mal mit dergleichen skeptischen Infragestellungen konfrontiert sieht und beruhigenderweise mit ihnen bislang immer fertig geworden ist. Wir werden uns vielmehr klugerweise auf sie einzustellen haben.

Das kann und darf freilich nicht heißen, an der wissenschaftlichen Qualität und der Zielstellung eines Thesaurus des althochdeutschen Wortschatzes irgend Abstriche vorzunehmen. Eine Änderung der theoretischen und methodologischen Gesamtkonzeption (z. B. mit dem Ziel einer gravierenden Laufzeitverkürzung des Projekts) kann nicht zur Disposition stehen und steht nicht zur Disposition — schon deshalb nicht, weil damit eine weitgehende Entwertung der bisherigen Aufwendungen und Ergebnisse verbunden wäre: Ein halbfertiger Thesaurus ist für Wissenschaft und Gesellschaft wertlos, weil eben kein Thesaurus mehr. Die deutsche Kulturnation aber bedarf seiner als unabdingbarer Sicherung und Dokumentation ihres „ kulturellen Gedächtnisses“ und damit als historische Grundlage ihres Selbstverständnisses und ihrer Existenz wie ihrer Gesittung.

Die Erarbeitung dieses und der folgenden Bände des Wörterbuches wird demgemäß an den bislang geltenden konzeptionellen Richtlinien keine Abstriche vorneh-

[Seite II]
men. Was aber notwendig und bei sorgfältiger Abwägung der Konsequenzen möglich erscheint, um die Zeitvorgaben der Projektplanung, insbesondere die festgelegten Teilziele an den terminierten „Schnittstellen“ unabhängiger Evaluierungen ohne Wenn und Aber in gewohnter Qualität zu erreichen, wollen wir behutsam und mit Augenmaß, aber auch mit der erforderlichen Konsequenz ins Werk setzen. Dazu wird z. B. zählen, daß wir die Arbeit an den materialextensiven, unverhältnismäßig zeitaufwendigen „Kleinwörtern“ sozusagen „auszugründen“ versuchen, d. h. als Gegenstände und Aufgabenstellungen etwa für Dissertationen oder Habilitationsschriften vergeben und die Resultate in der Reihe der „Beihefte“ zu unserem Wörterbuch verfügbar und zitierfähig machen. Auch die Möglichkeiten computativer Textverarbeitung sollen für die Straffung von Arbeitsgängen intensiver eingesetzt werden. Insgesamt wollen wir uns aber auch nach wie vor an der philologischen Qualität unserer Wörterbuchartikel prüfen lassen.

Um neue Forschungsergebnisse sachgerecht im Wörterbuch wirksam werden zu lassen, machen sich in einem Langzeitunternehmen gewisse Veränderungen notwendig. Der Beginn des neuen Bandes ist für diesen Schritt geeignet.

Ab Band V bezieht sich die in eckige Klammern gesetzte Belegstelle der Notkertexte insgesamt (für Nb und Nc bisher die Ausgabe von Sehrt-Starck), wie bereits im IV. Band für die kleineren Notker-Schriften, auf die neue Gesamtausgabe von King und Tax. Neueditionen anderer althochdeutscher Textdenkmäler (z. B. Tatian, Benediktinerregel, Williram) werden bei der Artikelerarbeitung verglichen und jeweils ausgewertet; der Kontinuität wegen wird aber die alte Zitierausgabe beibehalten (bei Williram ergänzt durch die Seite der neuen Edition von R. Schützeichel und B. Meineke). Genaue Angaben dazu finden sich im Nachtrag des Abkürzungsverzeichnisses. Das Wortgut eines weiteren Fragments des Altsächsischen Psalters (Pk), das in Wittenberg gefunden und 1999 veröffentlicht wurde, wird ab Band V ebenfalls verzeichnet, und zwar unter der Sigle Pk(w), um die Zugehörigkeit des Bruchstückes deutlich auszuweisen.

Um die Einhaltung der Laufzeittermine zu gewährleisten, wurden einige Straffungen und Kürzungen vorgesehen. So wird z. B. ab Band V bei nur numerischer Aufreihung von Belegen aus Notker- und Otfridtexten das vom Herausgeber zugefügte bzw. bereitgestellte Latein/lateinische Lemma aus Kommentaren (Notker Latinus der King-Tax-Ausgabe bzw. Bibel- und Kommentarstellen aus Erdmanns Otfrid-Ausgabe) weggelassen, wobei es für den Benutzer durch die Stellenangabe im Bedarfsfall auffindbar ist. Die Vielzahl der neuerlichen Umdatierungen von Glossenhandschriften kann nur zum Teil Berücksichtigung finden und wird in Zukunft durch das neue Verzeichnis der Bamberger Arbeitsstelle von Rolf Bergmann nachgewiesen. Altenglische Stichwörter mit c-Anlaut stehen unter K, ebenso Lehnwörter aus dem Latein, auch wenn in den Handschriften noch lateinische c-Schreibung vorherrscht.

Leipzig, im Dezember 2001 Gotthard Lerchner